Unsere Arbeitsweise an der FYS hat ihre Wurzeln in der klassischen indischen Asanapraxis und in den Erkenntnissen der ganzheitlichen westlichen Körper- und Atemarbeit.
Sie verbindet sich mit den Übungen zur Konzentration und Meditation aus den Methoden des Tibetischen Buddhismus zu einem achtsamen und kraftvollen Übungsweg.
Einen wichtigen Grundstein für die Verbindung östlicher und westlicher Übungspraxis legte der 1907 geborene Holländer Robert van Heeckeren.
Der sozial sehr engagierte Robert entdeckte in den 40er Jahren den Yogaweg für sich, als er die inspirierende Lebensgeschichte des Yogi Vivekananda las, der den Yoga mit sozialem und politischem Engagement verband.
Das wenige, was an englischsprachiger Yogaliteratur damals verfügbar war, bildete die Grundlage für Roberts Asanapraxis. Er war als Reiter sehr sportlich, aber wenig gelenkig und ihm wurde bald klar, dass man diese wirksamen Übungen nicht einfach übernehmen kann, sondern durchdringen und den hiesigen Bedingungen entsprechend gestalten muss.
Durch die Zusammenarbeit mit den Londoner Osteopathen Rumfitt und Stoddart fand er seinen Weg, um mit den unvertrauten Asanas üben zu können.
Robert war der Sohn einer adligen Familie und zuständig für die Holzfäller auf dem Anwesen seines Vaters. Die schwere körperliche Arbeit führte oft zu Schädigungen in Knien und Bandscheiben und Robert vermutete falsche Bewegungsabläufe als Ursache. Um ein besseres Verständnis zu entwickeln, erlernte er das Holzfällerhandwerk bei den eigenen Leuten .
Nach dem Krieg hatte er die Gelegenheit, die Arbeit der Holzfäller in Schweden und Norwegen zu erleben.
Obwohl die Arbeit dort noch härter ist, sind die Arbeiter gesünder: Der Bewegungsablauf stimmt! Robert beobachtet, filmt und analysiert die Bewegungen und stellt Verbindungen zu seinen Erkenntnissen mit dem Hatha-Yoga her. Es entsteht ein Trainingsprogramm für die Waldarbeiter seines Vaters, das sehr erfolgreich ist. Es ist gekennzeichnet durch Bewegungen „aus der Mitte“ und einem gestreckten Rücken in Verbindung mit gebeugten Knien. Es hilft den Arbeitern, einen Bewegungsablauf zu erlernen, der die Gelenke schont und die Kräfte zu einem effektiveren Einsatz bringt.
Darüber hinaus erscheint ihm die Bedeutung des „ richtigen“ Atems im Bewegungsablauf so wichtig, dass er Kontakt mit westlichen Atemtherapeuten/-innen, vor allem mit Ludwig Schmitt und Alice Schaarschuch, aufnimmt und die moderne Atemtherapie mit der Lehre vom natürlichen Atem kennenlernt.
Die Ernte dieser intensiven Auseinandersetzung mit östlicher und westlicher Tradition mit Körper und Atem, ist eine aufeinander aufbauende Übungsweise, die die Entwicklung des natürlich fließenden Atems unterstützt.
Als Herzstück seiner Arbeit entsteht eine Behandlungsreihe, bei der der Schüler passiv durch eine Reihe von Yogaasanas geführt wird und am Ende entspannt im Yogasitz ankommt. Unterstützt durch lösende Griffe befreit sich der Atem und fließt bald ruhig und natürlich.
Bis heute sind weite Teile dieser Behandlung Inhalt der Yoga-Grundausbildung.
Erst mit 63 Jahren begann Robert auch Yoga zu unterrichten. In seinen Kursen war es ihm immer wichtig, dass es allen am Schluss gut ging. Dabei unterstützte er seine Schüler/-innen mit lösenden Griffen und Hilfestellungen.
Roberts persönliches Anliegen, dass Yoga nicht zum Selbstzweck wird, sondern dass sich egoistische Liebe in eine universelle Liebe und Mitgefühl verwandelt, kommt durch folgendes Zitat zum Ausdruck:
„Yoga bedeutet eigentlich, sich vorbereiten auf etwas, sich für etwas einsetzen, aber auch sich sammeln, sich fassen und sich auf einen Auftrag vorbereiten.
Man könnte auch sagen, sich zu rüsten für einen Kampf ... nicht einen Kampf von Gewalt, sondern in Ghandis Gedanken von non-violence ... dass unser Auftrag ist, zu kämpfen für eine größere Idee.“
Als Robert Anfang der 70er Jahre nach Deutschland eingeladen wurde, gab er einen Yogakurs in einem Seminarhaus, das von Hans-Harald Niemeyer und dessen Frau Felicitas geleitet wurde.
Über seine Begegnung mit Robert sagte Hans-Harald Jahre später: „Ich hatte derzeit bereits drei Jahre Yoga nach Büchern geübt und fand mich ziemlich großartig. Nachdem Robert mir eine Behandlung gegeben hatte, wusste ich sofort, dass ich hier 'etwas Rechtes' lernen würde. Ich wurde in der Folge immer bescheidener, besonders nachdem mir Robert meine Lieblingsübungen für drei Jahre verboten hatte ... natürlich mit einleuchtender Begründung! Beeindruckt hat mich immer seine fast hellseherische Klarheit und Intuition sowie sein ungebrochenes soziales Engagement.“
Hans-Harald wurde ein enger Schüler von Robert, organisierte über Jahre z. B. Roberts Weihnachtskurse und blieb ihm bis zu seinem Tod im Jahre 1998 verbunden.
Seit Mitte der 70er Jahre hatte Hans-Harald engen Kontakt mit tibetischen Lehrern (dem 16. Karmapa und Thrangu Rinpoche), mit denen er längere Zeit in Asien und Deutschland verbrachte. Die Früchte seiner intensiven Auseinandersetzung mit dem Tibetischen Buddhismus und dessen Methoden zur Geistesschulung ergänzen und vervollständigen Roberts Arbeit.
In den Kursen wird vor allem die stille Sitzmeditation mit der Aufmerksamkeit auf den natürlich fließenden Atem praktiziert und die Anleitung zum achtsamen Umgang mit sich selbst, besonders beim Üben anspruchsvoller Asanas.
Ein tieferer Einblick in die Sichtweisen des Tibetischen Buddhismus, z. B. das Entstehen in Abhängigkeit, wird u. a. in der Yoga-Ausbildung möglich.
1981, nach seiner Rückkehr aus Asien, gründet Hans-Harald in Bollschweil bei Freiburg das Robert van Heeckeren Institut, um das wertvolle Erbe Roberts zu erhalten und in Yogakursen weiterzugeben.
Unter seiner Leitung beginnt 1988 die erste zweijährige Yoga-Grundausbildung.
In enger Zusammenarbeit mit Mitarbeiter/-innen des Instituts entsteht 1992 das weiterführende zweijährige Kolloquium, das die Ausbildung zum/zur Yogalehrer/-in vollständig macht.
Mit dem Umzug nach Freiburg wird im Mai 1994 die Freiburger Yogaschule gegründet.
Unsere heutige Übungsweise wahrt Roberts Erbe und stützt sich in der Ausbildung u. a. auf das Buch „Die menschliche Bewegung“ von Dore Jacobs, in dem ein ganzheitlich geprägtes Menschenbild aus der westlichen Körperarbeit zum Ausdruck kommt.
Die Arbeit von Dore Jacobs, die 1915 die „Bundesschule für Körperbildung“ gründete, war von der Erfahrung getragen, dass Bewegung immer eine Äußerung des ganzen Menschen ist und nicht nur des Körpers.
Ebenso bedeutsam für unsere Arbeit ist die Atemtherapeutin Alice Schaarschuch (Buch: „Der atmende Mensch“) mit ihrer Lehre von der Befreiung des natürlichen Atems.
Es geht darum, wahrnehmend zu erfahren, wie der Atem unser seelisches Befinden genauso wie unser körperliches Gelöst- oder Angespanntsein widerspiegelt und beeinflusst.
Spätere Einflüsse aus der modernen Krankengymnastik und aus der Alexander-Technik verfeinerten die Übungsweise weiter und vertieften das Verständnis für die Arbeitsweise unseres Körpers und seiner Wechselbeziehung mit dem Atem und unserem Geisteszustand.
Roberts Lebenswerk und die weiterführende Arbeit von Hans-Harald gibt unserer Yogaarbeit ein stabiles Fundament, auf dem lebendiger Austausch und ständige Weiterentwicklung gedeihen können.